Bakterienprotein als Sensor

Forscherteam verbessert Verfahren zur Größenbestimmung einzelner Moleküle

12.06.2015 - Deutschland

Ein deutsch-französisches Team um Prof. Dr. Jan C. Behrends und Dr. Gerhard Baaken von der Universität Freiburg und Privatdozent Dr. Abdelghani Oukhaled von den Universitäten Evry und Cergy-Pontoise hat ein Verfahren weiterentwickelt, mit dem die Größe einzelner Moleküle präzise messbar ist. Die Forscher verwenden dazu das Protein Aerolysin aus dem Bakterium Aeromonas hydrophila anstelle des bislang gängigen Proteins alpha-Hämolysin aus dem Bakterium Staphylococcus aureus. Die Methode bleibt unverändert: Das Protein bildet eine Pore in einer künstlichen Zellmembran. In diese Pore geben die Forscher das Molekül, dessen Größe sie messen wollen. Dazu leiten sie einen Ionenstrom durch die Pore. Das Molekül blockiert diesen Strom teilweise – ähnlich wie ein Gegenstand, der von einem Scheinwerfer beleuchtet wird und einen Schatten wirft. Anhand des restlichen Ionenstroms, der durch die Pore gelangt, ist es möglich, das Molekül zu vermessen. „Die neue Pore ist weit besser geeignet, um das gesamte Größenspektrum von Molekülen zu bestimmen“, sagt Behrends. Die Forscher veröffentlichten die Ergebnisse in der Fachzeitschrift „ACS Nano“.

Grafik: Jan C. Behrends

Prinzip der Molekülgrößenbestimmung mit bakteriellen Nanoporen. Wenn sich ein Molekül in die vom Protein gebildete Pore setzt (oben Mitte), wird der Strom (rote Spur) durch die offene Pore (oben links) kurzzeitig teilweise unterbrochen. Größere Kettenmoleküle blockieren den Strom vollständiger und für längere Zeiten als kleinere. Dieser Effekt wird zur Größenvermessung genutzt.

Der entscheidende Vorteil: Polymere – aus sich wiederholenden Einheiten zusammengesetzte Kettenmoleküle – halten sich in der neuen Pore deutlich länger als eine Millisekunde, während die Verweildauer in der Hämolysin-Pore weniger als eine Millisekunde beträgt. Das Verfahren erlaubt es damit beispielsweise, der Größenunterschied zwischen zwei Molekülen, die sich nur durch ein Kettenglied unterscheiden, zu bestimmen. Polymere wie das wasserlösliche, nicht-toxische und nicht-allergene Polyethylenglykol finden in Medizin und Biotechnologie vielfältige Anwendung, etwa um die Stabilität von Arzneistoffen zu erhöhen. Dazu sind präzise Informationen über die Verteilung der Kettenlängen im Molekül erforderlich. Das nun verbesserte Verfahren kann diese Informationen liefern – sogar bei kurzen Ketten, die mit der vorherigen Pore kaum zu messen waren. „Damit rückt die technische Anwendbarkeit dieser Methode zur Größenbestimmung wasserlöslicher Polymere in greifbare Nähe“, sagt Behrends.

Das Internationale Graduiertenkolleg Soft Matter Science der Universität Freiburg und die Ionera Techologies GmbH, eine Ausgründung der Universität Freiburg, haben die Untersuchungen unterstützt. Erstautor Gerhard Baaken ist zugleich Geschäftsführer der Ionera. Jan C. Behrends leitet die Arbeitsgruppe Membranphysiologie und -technologie am Institut für Physiologie der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg.

Originalveröffentlichung

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