Kluge Honigbienen: Lern-Gene bewirken Anpassung an lokale Umweltbedingungen

Erbgut ostafrikanischer Honigbienen entschlüsselt

29.05.2017 - Deutschland

Die Honigbienen Ostafrikas sind sehr gut an sehr verschiedene Lebensräume angepasst – was auf eine veränderte Wahrnehmung ihrer Umwelt zurückzuführen ist. Dies fanden Forscher der Universitäten Hohenheim und Uppsala sowie dem Länderinstitut für Bienenkunde Hohen Neuendorf heraus. Sie verglichen das Erbgut von Honigbienen aus den Bergwäldern Kenias mit dem von Honigbienen aus tiefer gelegenen Savannen. Das Ergebnis: Beide Populationen verfügen zu fast 98,6 Prozent über sehr ähnliches Erbgut – doch auf zwei Erbgut-Abschnitten unterscheidet es sich eklatant. Die Differenzen betreffen vor allem Gene, die die Fähigkeit steuern, die Umwelt wahrzunehmen und daraus zu lernen.

Universität Hohenheim / Martin Hasselmann

Die unterschiedliche Färbung und Größe der Bienen waren früher die Merkmale, an denen man sie unterschied. Sie sind jedoch möglicherweise weniger bedeutend für die lokale Anpassung als die zwei nun untersuchten Chromosomenabschnitte.

Der kühle und feuchte Regenwald oberhalb von 2000 Höhenmetern in Kenia ist ihre Heimat: Die dunklen ostafrikanischen Berghonigbienen haben sich extrem gut an diese besonderen Umweltbedingungen angepasst.

Hellere Honigbienen leben dagegen nur wenig entfernt in der kenianischen Savanne, jedoch über 1000 Höhenmeter tiefer. Sie finden eine deutlich andere und trockenere Umwelt vor, auf die sie sich entsprechend eingestellt haben.

„Uns interessiert, wie Lebewesen es schaffen, sich besonders an die Umwelt anzupassen“, erklärt Prof. Dr. Martin Hasselmann, Leiter des Fachgebiets Populationsgenomik bei Nutztieren an der Universität Hohenheim. „Und wir wollten wissen, ob diese Anpassung sich bei den beiden Bienenpopulationen in genetischen Unterschieden nachweisen lässt.“

98,6 Prozent ähnliches Erbgut, aber 1,4 Prozent extreme Unterschiede

Prof. Dr. Hasselmann und Forscher der Universität Uppsala und des Länderinstituts für Bienenkunde Hohen Neuendorf entschlüsselten dazu das Erbgut von 39 Bienen: 20 Bergbienen und 19 Savannenbienen.

Die Genome verglichen sie miteinander. „Die größte Überraschung war: Nur ein ganz geringer Teil der gesamten Genom-Information, nämlich 1,4 Prozent, ist unterschiedlich“, erklärt Prof. Dr. Hasselmann. „Damit sind sie sich eigentlich sehr ähnlich, ja fast identisch. Aber dort, wo sie unterschiedlich sind, unterscheiden sie sich extrem“, so Prof. Dr. Hasselmann.

Genetische Unterschiede steuern Sammelverhalten und Gedächtnis

Die genetischen Unterschiede erstrecken sich auf zwei Abschnitte auf zwei Chromosomen. Dort liegen vor allem Schlüsselgene, die das Sammel- und Lernverhalten beeinflussen. Sie steuern, wie sich die Bienen bei der Nahrungssuche verhalten und wie sie sich Informationen merken.

„Die Bergbienen nehmen offenbar ihre Umwelt anders wahr“, erklärt Prof. Dr. Hasselmann. „Wir haben Hinweise, dass sie sich an diese besonderen Umweltbedingungen vor vielen Millionen Jahre anpasst haben, und vermuten, dass sie zum Beispiel beim Lernen oder Erinnern beim Futtersammeln den Bienen in der Savanne überlegen sind. Das müsste man mit Experimenten aber noch überprüfen.“

Spezieller genetischer Mechanismus zur Anpassung an Umwelt

Sehr bemerkenswert sei diese besondere genetische Anpassung der ostafrikanischen Bienen. Bisher seien noch keine anderen Honigbienen weltweit gefunden worden, die diese genetische Variante so besitzen.

„Wir haben einen interessanten Mechanismus entdeckt, der diese genetische Differenzierung am besten erklären kann“, sagt Prof. Dr. Hasselmann. „Die Struktur im Chromosom der Bergbienen ist anders als bei anderen Bienen. Sie sind zum Teil invertiert. Das heißt, durch diese Neukombination wurden einzelne Abschnitte von Genvarianten fixiert, die sich stark zwischen den Bienenpopulationen unterscheiden.“

Die Forscher bedienten sich bei ihrer Analyse der sogenannten Hochdurchsatzsequenzierung. Dabei wird das gesamte Erbgut der einzelnen Individuen in Millionen kleine Bruchstücke zerlegt, dann vielfach sequenziert und bioinformatisch wieder zusammengesetzt.

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