Glykane als Biomarker für Krebs?
Bioorthogonale Markierung von Gewebeschnittkulturen aus humanem Prostatakrebs-Gewebe zur Identifizierung von Marker-Glykoproteinen
© Wiley-VCH
Tumorzellen haben in der Regel einen erhöhten Metabolismus; manche Proteine werden dabei vermehrt exprimiert, während andere im Vergleich zu Zellen in gesundem Gewebe viel seltener vorkommen. Sowohl die Menge als auch die Identität der Proteine einer Zelle können durch Analyse des Proteoms erfasst werden, und Wissenschaftler versuchen, durch solche Verfahren diejenigen Proteine, die den Metabolismus von Krebszellen besonders prägen, zu identifizieren und zu erforschen. Carolyn R. Bertozzi und ihr Forschungsteam von der Stanford-Universität in den USA haben ein bioorthogonales Markierungsverfahren entwickelt, um gezielt sialysierte Glykoproteine nachzuweisen. Diese Proteine sind im Zusammenhang mit Krebs besonders interessant, denn der Zucker Sialinsäure wird von den Zellen gerne als „Tarnkappe” genutzt, um vom Immunsystem nicht erkannt zu werden. Zudem betrifft das Verfahren echtes Tumorgewebe und nicht kultivierte Zellen. Dadurch kann der Tumormetabolismus in seiner natürlichen Umgebung direkt erfasst werden.
Bei bioorthogonalen Markierungen wird eine Reportersubstanz, normalerweise ein Fluoreszenzmolekül, chemisch an Zielmoleküle geheftet, um diese Einheit dann später durch bildgebende Verfahren oder Massenspektrometrie nachzuweisen. Ziel ist es, mit der Markierung so wenig wie möglich in den normalen Zellstoffwechsel einzugreifen. „Genaue Modelle der menschlichen Biologie sind für die Forschung an der Schnittstelle von Kohlenhydrat-Wissenschaften und menschlicher Gesundheit besonders wichtig”, argumentieren die Wissenschaftler. Deshalb verwenden sie Gewebeschnittkulturen als Form von lebendem humanen Tumorgewebe, denn „Prostata-Gewebeschnittkulturen ermöglichen den direkten Vergleich von Krebs- und gesundem Gewebe vom selben Patienten”.
Zunächst behandelten sie die Gewebeschnitte mit chemisch modifizierter Sialinsäure; diese enthielt eine zusätzliche Azid-Einheit, um daran später den Fluoreszenzmarker zu binden. Die Azid-modifizierte Sialinsäure fügte sich problemlos in den Tumor-Zellstoffwechsel ein. Dann wurde der Fluoreszenzmarker zugegeben, und die Wissenschaftler inspizierten das Resultat entweder durch Fluoreszenzmikroskopie oder Massenspektrometrie nach Auflösung des Zellverbunds. Der Unterschied zwischen Krebs- und gesundem Gewebe im Anteil der Glykoproteine war durch das Markierungsverfahren klar sichtbar. Außerdem konnten für Krebszellen charakteristische Proteine in erhöhter oder deutlich geringerer Menge nachgewiesen werden. Die Autoren regen an, diese Markierungsplattform mit bereits vorhandenen Glykoproteom-Analyseverfahren zu verbinden, um dadurch zielgerichtet die Rolle von Sialinsäure, Glykoproteinen und Krebs erforschen zu können.
Originalveröffentlichung
Originalveröffentlichung
Spiciarich, D. R., Nolley, R., Maund, S. L., Purcell, S. C., Herschel, J., Iavarone, A. T., Peehl, D. M. and Bertozzi, C. R.; "Bioorthogonal Labeling of Human Prostate Cancer Tissue Slice Cultures for Glycoproteomics"; Angew. Chem.; 2017
Themen
Organisationen
Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft
Holen Sie sich die Analytik- und Labortechnik-Branche in Ihren Posteingang
Ab sofort nichts mehr verpassen: Unser Newsletter für Analytik und Labortechnik bringt Sie jeden Dienstag auf den neuesten Stand. Aktuelle Branchen-News, Produkt-Highlights und Innovationen - kompakt und verständlich in Ihrem Posteingang. Von uns recherchiert, damit Sie es nicht tun müssen.
Meistgelesene News
Weitere News von unseren anderen Portalen
Verwandte Inhalte finden Sie in den Themenwelten
Themenwelt Fluoreszenzmikroskopie
Die Fluoreszenzmikroskopie hat die Life Sciences, Biotechnologie und Pharmazie revolutioniert. Mit ihrer Fähigkeit, spezifische Moleküle und Strukturen in Zellen und Geweben durch fluoreszierende Marker sichtbar zu machen, bietet sie einzigartige Einblicke auf molekularer und zellulärer Ebene. Durch ihre hohe Sensitivität und Auflösung erleichtert die Fluoreszenzmikroskopie das Verständnis komplexer biologischer Prozesse und treibt Innovationen in Therapie und Diagnostik voran.
Themenwelt Fluoreszenzmikroskopie
Die Fluoreszenzmikroskopie hat die Life Sciences, Biotechnologie und Pharmazie revolutioniert. Mit ihrer Fähigkeit, spezifische Moleküle und Strukturen in Zellen und Geweben durch fluoreszierende Marker sichtbar zu machen, bietet sie einzigartige Einblicke auf molekularer und zellulärer Ebene. Durch ihre hohe Sensitivität und Auflösung erleichtert die Fluoreszenzmikroskopie das Verständnis komplexer biologischer Prozesse und treibt Innovationen in Therapie und Diagnostik voran.
Themenwelt Massenspektrometrie
Die Massenspektrometrie ermöglicht es uns, Moleküle aufzuspüren, zu identifizieren und ihre Struktur zu enthüllen. Ob in der Chemie, Biochemie oder Forensik – Massenspektrometrie eröffnet uns ungeahnte Einblicke in die Zusammensetzung unserer Welt. Tauchen Sie ein in die faszinierende Welt der Massenspektrometrie!
Themenwelt Massenspektrometrie
Die Massenspektrometrie ermöglicht es uns, Moleküle aufzuspüren, zu identifizieren und ihre Struktur zu enthüllen. Ob in der Chemie, Biochemie oder Forensik – Massenspektrometrie eröffnet uns ungeahnte Einblicke in die Zusammensetzung unserer Welt. Tauchen Sie ein in die faszinierende Welt der Massenspektrometrie!