Die Leibspeise der Mikroorganismen

TU-Wissenschaftler können Wasser schnell, einfach und billig auf riskante Inhaltsstoffe testen

24.05.2006

In vielen Regionen der Erde ist der lebenswichtige Rohstoff Wasser längst zur Mangelware geworden, die Menschen allemal nötiger als Öl, Gas und Holz brauchen. Zwar gibt es inzwischen eine ganze Reihe einfacher und recht komplizierter Techniken, gebrauchtes Wasser wieder in trinkbares Nass zu verwandeln. Aber niemand weiß genau, welche Risiken diese Techniken in der Praxis zum Beispiel im Norden Chinas oder in Australien, in Israel oder in den europäischen Mittelmeerländern Italien und Spanien langfristig mit sich bringen. An der Technischen Universität Berlin entwickeln Forscher daher Methoden, mit denen Wasser in verschiedenen Stadien der Reinigung einfach, schnell und billig auf eventuell riskante Inhaltsstoffe wie Antibiotika und Mikroorganismen getestet werden kann.

Vierzig Millionen Euro steckt die Europäische Kommission in den kommenden drei Jahren in zehn Forschungskonsortien, die den Wasserhaushalt genauer unter die Lupe nehmen. "Reclaim Water" ist eines dieser Projekte. Wie können die kommunalen Abwässer in den wasserarmen Gebieten der Welt so gereinigt werden, dass sie möglichst billig wieder zu Grund- und Trinkwasser werden, fragen sich die Forscher mehrerer beteiligter Forschungseinrichtungen in diesem Projekt. Mathias Ernst vom Forschungsschwerpunkt "Wasser in Ballungsräumen" der TU Berlin kennt eine ganze Reihe solcher Verfahren, mit denen Wasser recycelt oder wieder gewonnen werden kann. Von High-Tech-Verfahren wie den Membran-Bio-Reaktoren (MBR) bis zu uralten Methoden wie den Tropfkörpern reicht die Palette der Methoden, die unter die Lupe genommen werden. An Tropfkörpern finden im Abwasser lebende Mikroorganismen Halt und können schädliche organische Verbindungen "fressen". Ein ähnliches Prinzip findet sich auch in so genannten Wetlands, Schilfkläranlagen die auch in Deutschland bekannt sind. Dort leitet man Abwasser in ein kleines Feuchtgebiet, in dem es vor Mikroorganismen wimmelt, die schädliche organische Verbindungen zu ihren Leibspeisen zählen und so das Wasser klären.

Der TU-Wasserchemiker Martin Jekel entwickelt mit seinem Team für dieses EU-Projekt Tests, mit denen sich Antibiotika im Wasser nachweisen lassen. Sie bekämpfen zwar gefährliche Bakterien-Infektionen, gelangen aber auch in die Abwässer und machen dort Bakterien resistent. Auf Krankheitserreger übertragen, wirken gegen diese dann die Antibiotika nicht mehr - die Ärzte verlieren so eine wichtige Waffe gegen Infektionskrankheiten.

Eine zweite Gruppe der TU Berlin unter Leitung von Ulrich Szewzyk entwickelt daher einen Gentechnologie-Test, der ihnen mit Hilfe der PCR-Methode zeigt, ob sich bereits Erbgut mit den Antibiotika-Resistenzen im Wasser findet. Mit dieser Methode können die Forscher praktisch zeigen, welche Wasserreinigung nach welcher Zeit Antibiotika und dagegen resistente Mikroorganismen aus dem Abwasser entfernt hat.

Martin Jekel und seine Mitarbeiter vom Fachgebiet Wasserreinhaltung der TU Berlin konzentrieren sich nicht nur auf Antibiotika, sondern auch auf lösliche organische Verbindungen. Davon gibt es viele tausend verschiedene, etliche davon sind mehr oder minder gefährlich. Einzelne dieser Substanzen im Wasser zu untersuchen, ist also zu aufwändig. Die Forscher entwickeln daher Methoden, mit denen sie feststellen können, wie sich diese Stoffe im Laufe der Abwasserbehandlung und im Boden verändern. Auch so lässt sich abschätzen, mit welcher Methode und wann gefährliche Substanzen aus dem Wasser verschwunden sind - und welche Reinigungsmethode sich für bestimmte Wassermangelgebiete am besten eignet.

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