Künstliche Bauchspeicheldrüse für die Intensivstation

Dortmunder Institut entwickelt Sensor zur Blutzuckermessung

26.09.2007

Als wären Patienten einer Intensivstation nicht ohnehin schon in einer gefährlichen Lage, kommt bei vielen von ihnen noch ein weiterer lebensbedrohlicher Faktor hinzu: zu hoher Blutzucker. Die Betroffenen sind jedoch nicht an Diabetes erkrankt; der plötzlich erhöhte Glukosespiegel ist vielmehr eine Art Schockreaktion des Körpers auf Operationen, Verletzungen oder Krankheiten. Da das Pflegepersonal nicht fortwährend Messen kann, wäre ein Gerät wünschenswert, das für die Dauer des Aufenthalts auf der Intensivstation den Blutzucker der Patienten kontinuierlich überwacht und bei kritischen Werten automatisch Insulin verabreicht. Eine solche künstliche Bauchspeicheldrüse könnte einer belgischen Studie zufolge die Sterblichkeitsrate auf Intensivstationen um bis zu 40 Prozent senken.

ISAS - Institute for Analytical Sciences

Michael Heise (2. von links) arbeitet mit Kollegen seiner Arbeitsgruppe am Sensor für CLINICIP

Die Entwicklung eines derartigen Geräts hat sich ein internationales Projekt auf die Fahnen geschrieben, das gerade von der Europäischen Kommission als Projekt des Monats ausgezeichnet worden ist. Unter den 14 Projektpartnern - Universitäten, wissenschaftliche Institute und Industriefirmen - ist auch das ISAS - Institute for Analytical Sciences. Das Dortmunder Institut entwickelt einen Sensor, der mit Hilfe von Infrarot-Spektrometrie den Glukosespiegel der Patienten permanent überwachen kann. Im Unterschied zu herkömmlichen Geräten misst der ISAS-Sensor durch ein spezielles Analyseverfahren nicht nur den Blutzucker allein, sondern gleichzeitig auch noch weitere Stoffwechselparameter, was verlässlichere Ergebnisse liefert. Die Arbeitsgruppe um Michael Heise hat den Sensor bereits erfolgreich an Diabetes-Patienten getestet, für den Versuch auf der Intensivstation muss es jedoch erst noch zugelassen werden.

Ende 2008 will das Projekt die künstliche Bauchspeicheldrüse als Prototyp auf den Markt bringen. Ob der Dortmunder Sensor dabei sein wird, ist im Moment noch nicht klar, denn es sind noch zwei weitere Blutzucker-Messverfahren im Test. Den Zuschlag bekommt das Verfahren, das nicht nur sichere Werte liefert, sondern sich auch einfach und möglichst kostengünstig in die Gesamtapparatur integrieren lässt.

Doch so oder so ist der Beitrag des ISAS zum EU-Projekt für Michael Heise ein Erfolg, denn denkbar sind auch verschiedene andere Anwendungen, in der Medizin ebenso wie in der Biotechnologie. "Wir wissen jetzt, dass der Sensor gut funktioniert und was er kann", so der promovierte Chemiker, "er ließe sich zum Beispiel auch zur Überwachung des gesamten Stoffwechsels eines Patienten einsetzen oder zur Kontrolle von Bioreaktoren." Ein israelisches Unternehmen interessiert sich bereits für den Sensor, doch auch über eine Firmenausgründung denkt die Dortmunder Arbeitsgruppe nach.

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