Bislang größtes Bakteriengenom entschlüsselt
Gezielte Suche nach neuen Wirkstoffen wird möglich
"Dieses Bakterium ist ein überaus vielseitiger Produzent von so genannten Naturstoffen", charakterisiert Prof. Rolf Müller, Arbeitsgruppenleiter am HZI und Professor an der Universität des Saarlandes, sein Untersuchungsobjekt. Naturstoffe gewinnen in der Medizin, der pharmazeutischen Industrie aber auch in der Agrochemie als Wirkstoffe immer mehr Bedeutung. Müller: "Da wir nun die Erbinformation kennen, können wir in Zukunft sehr viel gezielter nach neuen Wirkstoffen suchen und deren Produktion verbessern". Seine Ergebnisse veröffentlicht das Team unter Müllers Federführung in Nature Biotechnology.
Insgesamt fanden die Wissenschaftler im Genom von Sorangium cellulosum fast 10.000 Gene, die aus mehr als 13 Millionen Basenpaaren aufgebaut sind. Damit hat es die vierfache Größe eines durchschnittlichen Bakteriengenoms. Die Gene tragen die Information, die das Bakterium für die Produktion sämtlicher seiner Bestandteile braucht. Ihre enorme Zahl erklärt, warum Sorangium cellulosum eine sehr große Zahl auch wirtschaftlich interessanter Stoffe herstellt.
Neben seiner Fähigkeit zu einer sehr vielseitigen Wirkstoffproduktion fällt Sorangium cellulosum durch eine weitere Besonderheit auf: Es zeigt ein so genanntes pseudosoziales Verhalten. Darunter verstehen Wissenschaftler die Fähigkeit der Mikroorganismen, gemeinsam Strukturen aus zahlreichen Bakterien zu bilden. Diese als Fruchtkörper bezeichneten Formen dienen dem Überleben der Art bei Nahrungsmangel und erinnern an echte Fruchtkörper niederer Pilze.
Die Fähigkeit von Sorangium cellulosum zur Fruchtkörperbildung fasziniert gerade Grundlagenwissenschaftler ganz besonders. Sie zeigt, dass auch vergleichsweise einfache Organismen wie Bakterien die Fähigkeit zur Kommunikation und zu koordinierter Aktion haben. Die dafür verantwortlichen chemischen Substanzen können ebenfalls in Medizin und Pharmazie von Bedeutung sein. "Das Verständnis der genetischen Grundlagen der Naturstoffbildung", so hofft Müller, "kann zur Entdeckung neuer Wirkstoffe und damit zur Entwicklung neuer Medikamente beitragen."
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