Durchbruch in der Aromaforschung: Wissenschaftler der TU München entschlüsseln Aroma von Bourbon-Whiskey
TU München
Den charakteristischen Geruch und Geschmack eines Whiskyes verdanken wir unzähligen chemischen Prozessen, die während des Gärvorgangs, der Destillation und der mehrjährigen Lagerung in Holzfässern ablaufen. Jeder Hersteller hütet die genauen Details der einzelnen Verfahrensschritte wie seinen Augapfel. Schon kleinste Änderungen können gravierende Auswirkungen auf den Geschmack des fertigen Whiskeys haben.
Mehr als 300 verschiedene Whiskey-Inhaltsstoffe wurden im Verlauf verschiedenster Forschungsprojekte in den zurück liegenden 40 Jahren identifiziert. Bisher gab es aber keine Untersuchung, bei der die Komponenten gezielt auf ihren Beitrag zum charakteristischen Duftprofil des Whiskeys hin untersucht worden waren. Unter Leitung des Lehrstuhlinhabers für Lebensmittelchemie, Prof. Peter Schieberle, analysierten nun Wissenschaftler der TU München die Inhaltsstoffe eines amerikanischen Bourbon-Whiskeys. Sie identifizierten 45 Schlüsselkomponenten, die tatsächlich für das Duftprofil des Whiskeys verantwortlich sind. Allein 13 davon entdeckten die Forscher neu.
Erstmals wagten sich die Forscher auch an die quantitative Analyse der Komponenten. "Erst dieser letzte Schritt verhilft den Ergebnissen zu praktischer Bedeutung," erläutert Prof. Schieberle. "Nun wissen wir nicht nur, welche Aromen den Geschmack ausmachen, sondern wir wissen auch in welcher Konzentration sie vorhanden sein müssen." Mit Hilfe dieser Erkenntnisse können die Hersteller nun das Rezept und die Prozessschritte bei der Herstellung gezielt verändern, um entweder eine gleich bleibende Qualität oder auch gezielt neue Whiskeys mit Geschmacksvariationen herzustellen.
Anders als viele ihrer Kollegen bezogen Schieberle und sein Team auch die menschliche Nase in die Analysen mit ein. Die mit einem am Lehrstuhl entwickelten Destillationsverfahren für Aromastoffe gewonnenen Extrakte trennten sie in einem Gaschromatographen in seine Einzelkomponenten auf. Dabei bestimmten die Forscher den Geruch der Einzelkomponenten gleich mit. In einer Verdünnungsreihe wurde danach festgestellt, bis zu welcher Verdünnung eine Komponente noch feststellbar war. So bestimmten sie die Substanzen, die einen deutlichen Beitrag zum Aroma leisten.
Parallel dazu analysierten sie, um welche Komponente es sich handelte. Sehr gute Dienste leistete dabei eine vom Lehrstuhl entwickelte Datenbank mit inzwischen über 500 in Lebensmitteln vorkommenden Aromastoffen. Bei den 13 neu entdeckten Aromen mussten die Wissenschaftler allerdings andere Wege gehen: Aus größeren Mengen Whiskey wurden diese Inhaltsstoffe gezielt heraus destilliert und dann chemisch charakterisiert. "Das ist oft eine ungeheure Arbeit, denn die Aromastoffe kommen ja nur in kleinsten Mengen im Lebensmittel vor," erklärt Schieberle.
Als wichtiges Aroma machten die Wissenschaftler unter anderem den Geruch von gebackenen Äpfel ausfindig, den (E)-beta-Damascenon erzeugt. Intensive Kokosnusstöne gehen von den Verbindungen (3S,4R)-trans-Whiskylacton, (R/S)-gamma-Nonalacton und (Z)-6-dodeceno-gamma-Lacton aus. Ebenfalls einen wichtigen Beitrag leisten das gamma-Decalacton mit einer fruchtigen Pfirsich-Note, das nelkenähnlich riechende 4-Allyl-2-Methoxyphenol und der für das Vanille-Aroma sorgende 4-Hydroxy-3-Methoxy-Benzaldehyd.
Eine weitere große Anstrengung war die quantitative Analyse. Hierzu mussten von jeder der Schlüsselkomponenten mit Deuterium markierte Zwillinge hergestellt werden. Die markierte Substanz kann bei der auf die gaschromatografische Trennung folgenden Massenspektrometrie aufgrund des Masseunterschieds genau identifiziert werden. Gibt man nun zur unbekannten Menge der Aromasubstanz eine bekannte Menge des markierten Zwillings hinzu, kann man die tatsächliche Menge im ursprünglichen Whiskey errechnen.
Die von Prof. Schieberle und seinem Team entwickelte Methodik lässt sich prinzipiell auf alle Whiskeysorten übertragen. "Die synthetische Herstellung eines Whiskeys ist damit aber noch lange nicht möglich," beruhigt Schieberle. "Wir sehen die Anwendung eher darin, vorhandene Prozesse besser zu verstehen und steuern zu können und damit eine gleich bleibend hohe Qualität sicher zu stellen."
Originalveröffentlichung: Journal of Agricultural and Food Chemistry 2008, Bd. 56, S. 5813.
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