Struktur eines Enzyms gegen chemische Kampfstoffe aufgeklärt
Ergebnisse sollen dazu beitragen, die Wirksamkeit des Enzyms beim Abbau von Nervengiften zu erhöhen
Das Team nutzte für die Experimente die Neutronenquelle am Los Alamos National Laboratory, eine von weltweit drei Quellen für die Arbeit mit Proteinen. Im Gegensatz zu der üblichen Strukturbestimmung mithilfe von Röntgenstrahlung können Neutronen auch die leichten und kleinen Wasserstoffatome sichtbar machen, die immerhin praktisch die Hälfte aller Atome in einem Protein darstellen. Während Röngtenstrahlung mit den Elektronenhüllen der Atome wechselwirkt und daher Atome mit vielen Elektronen am besten sichtbar macht, dringen die elektrisch neutralen Neutronen bis zu den Atomkernen in einem Proteinkristall vor. Hierbei macht man sich die quantenmechanische Welleneigenschaft der Neutronen zunutze: Ähnlich wie Wasserwellen in einem See an einem Felsen werden auch die Neutronen an den Atomkernen gebeugt und geben daher genaue Auskunft über deren Position. Dies funktioniert mit leichten Atomen wie Wasserstoff ähnlich gut wie mit schwereren wie Kohlenstoff oder Sauerstoff. Genau diese zusätzliche Information ermöglicht ein tieferes Verständnis des Reaktionsmechanismus der DFPase.
Neutronenstrukturen von Proteinen sind immer noch selten und erfordern große Proteinkristalle und lange Messzeiten. Zwar ist die Methode schon 40 Jahre bekannt - die erste Neutronenstruktur wurde 1969 publiziert - doch wird sie bis heute selten angewandt: Von den über 50.000 Einträgen in der Protein Data Bank sind nur etwa 20 Neutronenstrukturen. "Der Aufwand ist aber durchaus gerechtfertigt" erklärt der Frankfurter Junior-Prof. Julian Chen, der die Arbeit gemeinsam mit Prof. Heinz Rüterjans und Dr. Marc-Michael Blum publizierte, "Auf der Grundlage der aktuellen Ergebnisse hat Marc-Michael Blum Veränderungen an der DFPase vorgenommen, die das Enzym sowohl schneller machen, als auch die Zahl der Substanzen erhöhen, gegen die die DFPase wirksam ist." Diese Veränderungen geschehen durch eine gezielte Modifikation der Gen-Sequenz für das Protein, die dem Darmbakterium E. coli eingesetzt wird. Dieses produziert die DFPase unter Laborbedingungen in den gewünschten Mengen, so dass man nicht mehr darauf angewiesen ist, es aus Tintenfischen zu gewinnen.
Originalveröffentlichung: Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) 2009, 106(3), 713-718
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