SARS-CoV-2 Nachweis in 30 Minuten mit der Genschere

Forschende stellen Biosensor für den Nachweis von SARS-CoV-2 Genmaterial ohne dessen vorherige Vervielfältigung vor

28.11.2022 - Deutschland

CRISPR-Cas ist vielseitig: Abseits vom populärwissenschaftlich bekannten ‚Gene Editing‘ zur Herstellung der kontrovers diskutierten genetisch modifizierten Organismen (kurz: GMOs) wird vor allem das Effektorprotein Cas in verschiedenen Varianten inzwischen auch in einer Vielzahl von Studien für den molekularbiologischen Nachweis von Nukleinsäuren wie DNA oder RNA verwendet.

AG Disposable Microsystems/University of Freiburg

Multiplex-Chip eines Freiburger Forschungsteams: Auf diesem Chip könnten simultan die Viruslast im Nasenabstrich sowie, gegebenenfalls, die Antibiotika-Konzentration im Blut von COVID-19 Patient*innen gemessen werden.

Das Freiburger Forschungsteam um Mikrosystemtechniker Dr. Can Dincer vom Institut für Mikrosystemtechnik stellt in seiner neuesten Studie einen mikrofluidischen Multiplex-Chip vor, auf dem simultan die Viruslast im Nasenabstrich sowie, gegebenenfalls, die Antibiotika-Konzentration im Blut von COVID-19 Patient*innen gemessen werden könnte.

Schnelltest oder PCR?

Die Entwicklung von Schnelltests zum Nachweis von SARS-CoV-2-spezifischen Antigenen hat den gesellschaftlichen Umgang mit der Pandemie maßgeblich beeinflusst: Anstelle eines, nicht immer einfach verfügbaren, Termins für einen rt-qPCR-Test auf dessen Ergebnis ein bis drei Tage gewartet werden muss, sind Schnelltests inzwischen relativ bequem in jeder Drogerie, Apotheke und auch in Supermärkten erhältlich. Was bei Letzteren allerdings an Kosten, Aufwand und Zeit eingespart wird, bezahlt man in Form von Test-Sensitivität. Dieses Problem äußerte sich vor allem im letzten Winter, als Infektionen mit der Omikron-Variante des Virus sehr spät und oftmals erst nach dem Einsetzen von Symptomen von den sogenannten ‚Lateral Flow Devices‘ erkannt wurden. „Der Trade-Off zwischen Testsensitivität und Sample-to-Result Zeit könnte mit unserer Methode überbrückt werden“ so Midori Johnston, Erstautorin der Studie, die nun in der Fachzeitschrift Materials Today erscheint.

So funktioniert der CRISPR-basierte COVID-Test

Wie auch beim Schnelltest zuhause oder in Teststellen wird eine Patientenprobe (naso- oder oropharyngealer Abstrich) in einen Reaktionsmix getropft. Im Gegensatz zum herkömmlichen Schnelltest wird mit CRISPR allerdings nicht auf Virusproteine, sondern wie beim PCR-Test auf charakteristische Sequenzen im Virusgenom untersucht. Enthält die Probe den gesuchten RNA-Ausschnitt wird das Effektorprotein (Cas13a) aktiviert und schneidet die in der Reaktionslösung vorhandene Reporter-RNA. Durch die Abwesenheit dieses Reporters ergibt sich beim elektrochemischen Auslesen des Chips ein invers proportionaler Zusammenhang zwischen der Menge der Virus-RNA aus der Probe und der gemessenen Stromdichte. „Unser System kommt hierbei ohne Vervielfältigung des Genmaterials aus, ist flexibel anpassungsfähig an neue, infektiologisch-relevante Mutationen des Virus und verwendet ausschließlich günstige, haltbare und ungiftige Reagenzien sowie ein handliches Messsetup“, sagt Dincer.

Abschaffung der Isolationspflicht und Hospitalisierung von Patienten mit schweren Verläufen

Im Licht der jüngsten Entscheidungen mehrerer Bundesländer die Isolationspflicht für positiv getestete COVID-19 Patient*innen abzuschaffen werden zuverlässige, sensitive und schnelle Testmöglichkeiten wieder notwendig, um auf erneute Infektionswellen angemessen reagieren zu können. Auch die Hospitalisierung von Patient*innen mit schweren Verläufen wird dabei nicht ausbleiben. Hier kommt ein weiteres Feature des Mikrofluidik-Chips zum Tragen: Die Kombination des CRISPR-Assays mit einem ß-Lactam-Antibiotika-Nachweis. Oftmals infizieren sich an COVID-19 erkrankte Patient*innen zusätzlich bakteriell und werden entsprechend mit Breitband-Antibiotika wie zum Beispiel Amoxicillin, Ampicillin oder Piperacillin behandelt. Die richtige Dosis ist hierbei ausschlaggebend, um eine erfolgreiche Behandlung zu gewährleisten, aber auch die Entwicklung resistenter Keime zu verringern. Der Sensor der Forschergruppe könnte hierbei durch eine gleichzeitige Überwachung von sowohl der Viruslast als auch der Antibiotika-Konzentration im Blut oder Speichel des Patienten von Nutzen sein.

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