Europäer sind als Erste auf den Hund gekommen
Hunde sind eines der bekanntesten Beispiele für Haustiere, deren große Vielfalt an Erscheinungsformen mit eigenen Rassen und deren geografisches Verbreitungsgebiet maßgeblich durch Menschen bestimmt wurden. Genetisch unterscheiden sich Hund und Wolf bis heute nicht prinzipiell. Ihre Schädel weisen in der Form einige Unterschiede auf, vor allem ist die Schnauze beim Hund kürzer als beim Wolf. Erste Ansätze, die Abstammungslinien des Hundes zu klären, legten nahe, dass ihre Vorfahren im Mittleren Osten oder in Ostasien gelebt hatten. In der neuen Studie haben die Forscher erstmals in einer umfassenden genetischen Analyse 18 prähistorische Hundeartige und Wölfe mit 77 modernen Hunden und 49 Wölfen verglichen, darunter so verschiedene Tiere wie den Basenji aus Zentralafrika, den australischen Wildhund Dingo, die in Nordamerika verbreiteten Kojoten als wilde Hundeart sowie mehrere chinesische Hunderassen. Bei den prähistorischen Hunden erwiesen sich vor allem Hundeknochen aus dem 14.700 Jahre alten Doppelgrab eines Mannes und einer Frau in Oberkassel bei Bonn als bedeutsam sowie ein etwa 12.500 Jahre alter Hundefund aus der Karsteinhöhle bei Mechernich in Nordrhein-Westfalen.
Grundlage der Studie war das Erbgut der Mitochondrien, Zellorganellen, die neben dem Zellkern eigene Gene besitzen. Die Forscher nutzten die genetischen Daten, um zu bestimmen, wo und wann sich Hunde von Wölfen abgespalten haben. Der Tübinger Paläogenetiker Johannes Krause brachte seine Expertise in der Bearbeitung alter DNA in die Studie ein. Da das Molekül mit der Erbinformation über die Jahre zersetzt wird, musste das Erbgut mit aufwendigen Techniken aus Bruchstücken rekonstruiert werden.
Das Ergebnis der Analysen überraschte auch die Forscher. „Ich war verblüfft, wie deutlich herauskam, dass die heute lebenden Hunde alle auf gemeinsame Stammbäume zurückgehen, nämlich vier Abstammungslinien, die alle in Europa ihren Anfang nahmen“, sagte Olaf Thalmann. Ein Großteil der Proben von Hunden aus aller Welt ließ sich einer Abstammungslinie zuordnen, die enge Verwandtschaft zu einem prähistorischen Wolf aus dem Kesslerloch zeigt, einer Höhle im Schweizer Kanton Schaffhausen. Aus den molekularen Daten haben die Forscher errechnet, zu welcher Zeit der Wolf domestiziert wurde: Dies geschah vor 18.800 bis 32.100 Jahren. „Damit gab es den Hund als Haustier, lange bevor zum Beispiel Ziegen, Schafe oder Rinder domestiziert wurden“, sagte Krause. Die Haltung des Haustiers Hund ging sogar dem Aufkommen der Landwirtschaft voraus und trat noch in der Kultur europäischer Jäger und Sammler auf.
Originalveröffentlichung
O. Thalmann et al.; Complete Mitochondrial Genomes of Ancient Canids Suggest a European Origin of Domestic Dogs. Science, 15. November 2013.
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O. Thalmann et al.; Complete Mitochondrial Genomes of Ancient Canids Suggest a European Origin of Domestic Dogs. Science, 15. November 2013.
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