Goldene Helferlein - Neuartige Biosensoren für die in-vivo Diagnostik

12.05.2011 - Deutschland

Wissenschaftlern des IHP, dem Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik in Frankfurt (Oder), ist es gelungen, mikroelektromechanische Systeme (MEMS) mit einer biostabilen Keramik herzustellen. Diese sind vor allem für neuartige Anwendungen in der Medizin gedacht, bei denen die Biosensoren als intelligente Implantate im menschlichen Körper (in-vivo Diagnostik) eingesetzt werden. Die Forschungsergebnisse werden in der neuesten Ausgabe der Fachzeitschrift Advanced Functional Materials vorgestellt.

MEMS stehen uns in vielen Situationen des täglichen Lebens zur Seite. Dabei sind sie so klein, dass wir sie mit bloßen Augen kaum erkennen. Sie verdrehen zum Beispiel mit Hochgeschwindigkeit kleine Spiegel in Beamern, um die Fernsehbilder eines Fußballspiels auf eine Großleinwand zu projizieren oder sie lösen den Airbag aus, wenn der Wagen eine Vollbremsung macht. Für ihre Funktion sind MEMS auf mechanisch bewegliche Elemente angewiesen. Diese erspüren entweder passiv eine Bewegung – wie beim Beschleunigungsmesser des Airbags – oder werden aktiv in Bewegung versetzt – wie die Phalanx der Mikrospiegel im Beamer. Sie sind immer mit einer mikroelektronischen Schaltung verbunden, die sie ansteuert oder die Messdaten weiterleitet. Bisher wurden mikroelektro¬mechanische Systeme wie die elektronische Schaltung überwiegend aus dem Halbleiter Silizium gefertigt. Doch Silizium ist eben auch ein spröder Werkstoff, mit dem viele interessante Anwendungen nicht einfach umzusetzen sind.

Insbesondere in der Biotechnik und Medizin fanden klassische MEMS bisher kaum Verwendung, da Silizium in biologischen Umgebungen stark angegriffen wird und schnell korrodiert. Dabei wäre es von großem Interesse, mikroelektromechanische Systeme auch in Sensoren und Implantaten einzusetzen, die Körperfunktionen oder den Stoffwechsel überwachen. Einen Ausweg beschreiten die Frankfurter Forscher nun mit der Verwendung von Titannitrid, einer leitfähigen Keramik, die auch elektrischen Strom leitet und sich als besonders korrosionsbeständig gegenüber Körperflüssigkeiten erwiesen hat.

In dem Bild ist das mechanische Element der hergestellten BioMEMS in Form eines Bügels aus Titannitrid gezeigt – gut zu erkennen an seiner goldenen Farbe. Der Bügel hat eine Breite von lediglich sechs Tausendstel mm und eine Dicke von nur 50 Millionstel mm. Damit bringt er das Fliegengewicht von luftig-leichten 0,00000000047 Gramm auf die Waage. Zurzeit forscht eine Projektgruppe am IHP, um auf Basis solcher MEMS-Strukturen einen Glucosesensor zu entwickeln, der es Diabetikern erlaubt, ohne ständige Blutentnahme zur Teststreifenmessung ihren Blutzuckergehalt kontinuierlich zu überwachen. Im nächsten Schritt soll nun die Einsetzbarkeit des neuen Technologiemoduls für weitere Anwendungen in der Biotechnologie und Medizintechnik geprüft werden.

Das IHP ordnet diese Arbeiten in die interdisziplinäre Ausrichtung der Forschung ein, die die Mikroelektronik zunehmend auch für bio- und medizintechnische Anwendungen einsetzt. Neben der Entwicklung einer technologischen Plattform auf Basis der modularen Silizium-Technologie des IHP, arbeiten die IHP-Wissenschaftler an zukünftigen drahtlosen Kommunikationseinheiten zur schnellen Datenübertragung zwischen Patient und Arzt.

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